Stimmtechnik

Einsingen, absingen, festsingen

So verhinderst du, dass du dich beim Einsingen bereits absingst.

Verfasser
Adrian Goldner
Veröffentlicht am
May 1, 2024

Warm-Ups & Einsingen

Ein Kollege von mir hatte andauernd Probleme mit der Stimme.

Nach jedem Konzert war irgendwas nicht ok.

„Meine Stimme fühlt sich wieder an wie ein Reibeisen“, sagte er immer.

Egal, wie gut das Konzert lief, fast immer war er mit dem Kopf bei irgendetwas, was sich nach einem Stimmproblem anfühlte, obwohl er immer gesund und frei klang.

Das Interessante dabei war: Vor dem Konzert konnte man ihn schon meilenweit trällern hören. Stimmübung hier, Warm-up da. Er war bestimmt 2h vor dem Auftritt damit beschäftigt, sich „aufzuwärmen“.

Bis er sich einen neuen Gesangslehrer gesucht hatte, der ihm sagte, er solle sich weniger einsingen. Und siehe da: die Probleme lösten sich nach und nach von alleine.

Er war permanent damit beschäftigt, seine Stimme aufzuwärmen, dass er nicht realisierte, dass er sich schon vor dem Konzert festsang.

In diesem Fall war das Einsingen an sich der Wald, den er vor lauter Bäumen nicht sehen konnte.

Und in vielen Fällen, werden Erwartungen an das Einsingen gestellt, für die es niemals gedacht war.

Braucht die Stimme ein Einsingen?

Muskeln müssen aufgewärmt werden, heißt es oft und das stimmt an sich auch.

Aber dabei geht es in der Regel um große Muskeln, wie die Beinmuskulatur, Bauch, Brust, Arme und Rücken.

Der Stimmapparat besteht auch überwiegend aus Muskeln und Knorpel. Diese Muskulatur ist allerdings extrem fein und filigran.

Sind wir ein paar Stunden wach, ist unsere Stimme dafür gemacht, zu funktionieren.

Rein physiologisch gesehen benötigt die Stimmmuskulatur selbst also keine Aufwärmphase.

Zumindest nicht, um zu funktionieren.

Meiner Erfahrung nach ist das Einsingen für folgende zwei Dinge sehr hilfreich:

  • Es hilft, dass wir uns psychisch und physisch vorbereiten, zu singen.
  • Es kann als kleiner Test fungieren, um zu sehen, welchen Zustand unsere Stimme heute hat.

Viel mehr würde ich dem Einsingen nicht an Funktion zusprechen. Es geht darum, sich vorzubereiten und um in unseren Körper hineinzuhorchen.

Entsprechend konzentriere ich mich beim Einsingen mehr auf körperliche Dehn- und Achtsamkeitsübungen als um spezifische Gesangsübungen. Immerhin hängt unsere Stimme ganz unmittelbar mit diesen großen Muskeln zusammen.

Warum Einsingen keine Probleme löst

In der anfangs beschriebenen Geschichte haben wir gesehen, dass ein Einsingen auch mal das Gegenteil bewirken kann, nutzen wir es unreflektiert. Viel zu häufig habe ich Sänger:innen dabei gesehen, wie sie während des Einsingens virtuose Gesangsübungen geträllert haben.

Kann es sinnvoll sein, solche Übungen in ein Einsingen zu integrieren? Vielleicht.

Meiner Meinung nach läuft man aber Gefahr, sich anzugewöhnen, währenddessen schon richtig zu üben.

Um Verwirrungen zu vermeiden und falschen Erwartungen entgegenzuwirken, empfehle ich daher, Üben uns Einsingen ganz klar zu trennen.

Ein Einsingen ist nicht dafür da, um konkrete Stimmprobleme zu lösen. Das können wir beim Üben selbst tun.

Taktik: Einsingen reflektieren

Wenn du das nächste Mal übst, achte darauf, das Einsingen vom Üben zu trennen. Frage dich, singe ich mich noch ein oder übe ich schon?

Frage dich auch: Was benötige ich wirklich beim Einsingen und was integriere ich nur aus Verunsicherung? Kann ich einige Übungen weglassen?

Fühle ich mich nach dem Einsingen auch wirklich sicherer?

Was passiert, wenn ich mich mal nicht einsinge? Ist es dann wirklich so viel schlimmer?

Trainingsmethode: Deine effektive Einsingroutine

Achte beim Einsingen auf die folgenden Punkte:

  1. Suche dir eine Reihe an körperlichen Aufwärm- und Dehnübungen, die dir guttun. Erfahrungsgemäß sind alle Arten von Yoga-Übungen bestens geeignet. Idealerweise eine Kombination aus Übungen, die den gesamten Körper mit einbeziehen.
  2. Nutze deine Hände für ein wenig Selbstmassage deiner Stimme. Knete deinen Hals, bewege deinen Kehlkopf herum und fühle in dich hinein, wie sich deine Stimme heute anfühlt.
  3. Beginne dann mit leichten Blubber- und Summübungen. Leichte Töne in angenehmer Lage. Achte darauf, ob und wo deine Stimme möglicherweise bricht oder sich noch Schleim auf den Stimmbändern befindet. Brüche und Imperfektionen sind nicht nur erlaubt, sondern erwünscht, um ein differenziertes Gefühl deiner Stimme zu bekommen.
  4. Singe dann ein paar Töne auf Konsonanten wie „S“ oder „V“. Diese Konsonanten erzeugen einen Widerstand, der die Schwingung der Stimmbänder erleichtert.
  5. Führe einen Vocal Fry durch (manchmal auch Creak genannt)
  6. Wenn du dich danach fühlst, singe ein paar lautere Töne, um zu sehen, ob du auch Zugriff auf dieses Register hast.
  7. Optional: Sing einen deiner Lieblingssongs, der weder besonders anstrengend noch herausfordernd ist und vor allem Spaß macht.

Wenn du diese Punkte beim Einsingen befolgst, solltest du hinterher ein umfassenderes Bild deiner Stimme haben und deinen Körper sowie deinen Geist auf das Singen vorbereitet haben.

Jetzt bist du dran.

Denkst du, du hast dich bisher richtig eingesungen oder eher schon abgesungen?

Konstruiere dir dein individuelles Einsingen anhand obenstehender Liste. Wie fühlt sich das an?

Schreibe mir, wie es dir dabei erging und was das mit dir getan hat. Ich freue mich über Feedback und Anregungen für die nächsten Newsletter-Ausgaben.

In der kommenden Ausgabe geht es darum, wie wir den Autopiloten beim Singen abschalten und endlich wieder Ausdruck in die Musik bringen können.

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